Oliver Stone träumt
Die Kraft, zu träumen, hat mich in meine größten Abenteuer katapultiert, hat mich dazu bewegt, meine Möglichkeiten zu erweitern. Träume haben mich am Leben gehalten und immer wieder aufgerichtet. Die wichtigste Eigenschaft von Träumen ist für mich, dass sie Grenzen überschreiten.
Gleichzeitig habe ich eine Sittenstrenge verinnerlicht, die mir sagt: Träumereien sind unnütz, man arbeitete nicht und verliert sich, besonders wenn man jung ist, oftmals in masturbatorischen Fantasien. Heute erinnere ich mich an mein Leben durch meine Arbeit. Ich verbinde mit Jahreszahlen den emotionalen Zustand, den ich durch meine Filme erlebt habe. So basiert meine Erinnerung auf Traumzuständen, die ich selbst erschaffen habe. Wissenschaftler empfinden vielleicht ähnlich. Auch sie begeben sich für ihre Arbeit oft in einen tiefen, meditationsähnlichen Geisteszustand. Man versucht, arbeitend so nah wie möglich ans Träumen heranzukommen …. Träume sind zu etwas nütze – vielleicht nicht immer in der Art, wie wir uns das wünschen. Man sollte gut bedenken was man träumt; es könnte wahr werden. Vielleicht wünscht man sich, ein berühmter Schriftsteller zu werden und ahnt nichts von der enormen Anstrengung, die das bedeuten kann. Aus dir selbst diesen Menschen zu formen kostet vielleicht deine ganze Kraft, und am Ende bist du gar nicht mehr du selbst. Träume bringen dich unter Umständen an einem Punkt, wo du gar nicht hinwillst. Aber wenn der Traum ehrlich ist und aus dir selbst kommt, dann wird er dich zu etwas Besonderem führen. Sogar wenn er nicht in Erfüllung geht. Oliver Stone in: Die Zeit Nr.39,21.September 2006.