Wallenstein in Berlin

Wallenstein in Berlin

Gräfin: Wie? Glaubst du nicht, daß eine Warnungsstimme In Träumen vorbedeutend zu uns spricht? Wallenstein: Dergleichen Stimmen gibt’s – Es ist kein Zweifel! Doch Warnungsstimmen möcht‘ ich sie nicht nennen, Die nur das Unvermeidliche verkünden.

Wie sich der Sonne Scheinbild in dem Dunstkreis Malt, eh‘ sie kommt, so schreiten auch den großen Geschicken ihre Geister schon voran, Und in dem Heute wandelt schon das Morgen. Es machte mir stets eigene Gedanken, Was man vom Tod des vierten Heinrichs liest. Der König fühlte das Gespenst des Messers Lang vorher in der Brust, eh‘ sich der Mörder Ravaillac damit waffnete. Ihn floh Die Ruh‘, es jagt‘ ihn auf in seinem Louvre, Ins Freie trieb es ihn; wie Leichenfeier Klang ihm der Gattin Krönungsfest, er hörte Im ahnungsvollen Ohr der Füße Tritt, Die durch die Gassen von Paris ihn suchten – Gräfin: Sagt dir die innre Ahnungsstimme nichts? Wallenstein: Nichts. Sei ganz ruhig! Gräfin (in düstres Nachsinnen verloren): Und ein andermal, Als ich dir eilend nachging, liefst du vor mir Durch einen langen Gang, durch weite Säle, Es wollte gar nicht enden – Türen schlugen Zusammen, krachend – keuchend folgt‘ ich, konnte Dich nicht erreichen – plötzlich fühlt‘ ich mich Von hinten angefaßt mit kalter Hand, Du warst’s und küßtest mich, und über uns Schien eine rote Decke sich zu legen – Wallenstein: Das ist der rote Teppich meines Zimmers. Gräfin: (ihn betrachtend) Wenn’s dahin sollte kommen – Wenn ich dich, Der jetzt in Lebensfülle vor mir steht – (Sie sinkt ihm weinend an die Brust.) Wallenstein: Des Kaisers Achtsbrief ängstigt dich. Buchstaben Verwunden nicht, er findet keine Hände. Gräfin: Fänd‘ er sie aber, dann ist mein Entschluß Gefaßt – ich führe bei mir, was mich tröstet. (Friedrich Schiller: Wallensteins Tod, V. Aufzug).